Nebennieren

Nebennieren

Wie zwei kleine Käppchen sitzen die Nebennieren auf den oberen Polen der beiden Nieren auf. Jede Nebenniere besteht wiederum aus zwei Organen: dem Nebennierenmark und der Nebennierenrinde. Das Nebennierenmark ist streng genommen keine Hormondrüse, sondern ein Teil des Nervensystems. Die dort gebildeten Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin zirkulieren im Blut als Hormone und wirken gleichzeitig als Botenstoffe (Neurotransmitter) im Nervensystem. In der Nebennierenrinde entstehen ebenfalls lebenswichtige Hormone, allen voran das „Stresshormon“ Cortisol, das blutdruckregulierende Aldosteron sowie bestimmte Vorläufer von Geschlechtshormonen.

Nebennieren-Hormone steuern Blutdruck, Immunsystem und vieles mehr

Die Hormone der Nebennieren sind u.a. für die Steuerung des Blutdrucks und des Wasserhaushalts im Körper essenziell. Sie wirken aber auch auf den Zuckerstoffwechsel und das Immunsystem ein. Um alle diese Prozesse im Gleichgewicht zu halten, sind die Nebennieren in komplexe Regelkreise eingebunden. So gibt es eine Rückkopplung mit Hormonen von Hypothalamus und Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Gerät das fein abgestimmte System der Nebennieren-Hormone aus verschiedenen Gründen aus dem Takt, können weitreichende Stoffwechsel-Störungen die Folge sein.

Nebennieren-Erkrankungen verstehen und behandeln

Erkrankungen der Nebennieren haben vielfältige Auswirkungen auf den Körper und sind nicht immer leicht zu diagnostizieren. Deshalb sollten mögliche Funktionsstörungen der Nebennieren immer durch Spezialist:innen untersucht und behandelt werden. Dasselbe gilt für Adenome (Raumforderungen), die manchmal zufällig im Rahmen anderer Untersuchungen entdeckt werden. In unserem endokrinologischen Zentrum führen wir eine detaillierte Hormonanalytik durch und kooperieren bei Bedarf mit radiologischen Instituten, um Nebennieren-Erkrankungen abzuklären und nach aktuellsten medizinischen Standards zu behandeln.
Häufige Erkrankungen der Nebennieren sind:

Nebennieren-Adenome

Nebennieren-Adenome sind gutartige Raumforderungen, die in den meisten Fällen keinerlei Beschwerden verursachen. Oft werden sie zufällig bei bildgebenden Untersuchungen entdeckt, die aus ganz anderen Gründen veranlasst wurden. Trotzdem sollte eine endokrinologische Abklärung erfolgen, denn manche Adenome bilden unkontrolliert Hormone und können dadurch mitunter langfristig schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Ein sehr geringer Anteil von Raumforderungen der Nebennieren ist bösartig (Nebennieren-Karzinome). Überwiegend sind Nebennieren-Adenome aber gutartig und verursachen keine Beschwerden. Wenn sich die Raumforderungen radiologisch eindeutig gutartig zeigen und eine Hormonproduktion ausgeschlossen werden kann, ist keine weitere Behandlung erforderlich.

Primärer Hyperaldosteronismus (Morbus Conn)

In der Nebennierenrinde wird das Hormon Aldosteron gebildet, das maßgeblich an der Regulation des Wasser- und Elektrolyt-Haushalts beteiligt ist. Aldosteron ist in einen Regelkreislauf mit den Hormonen Renin und Angiotensin eingebunden. Manchmal werden die aldosteronbildenden Zellen in den Nebennieren aber autonom und reagieren nicht mehr auf die Hormone Renin und Angiotensin. Sie bilden dann dauerhaft zu viel Aldosteron. Diese Erkrankung heißt in der Fachsprache primärer Hyperaldosteronismus oder (nach seinem Entdecker) Morbus Conn. Ein primärer Hyperaldosteronismus kann auf eine Raumforderung (Adenom) zurückgehen. Manchmal liegt auch eine Vergrößerung (Hyperplasie) beider Nebennieren zugrunde.

Das wichtigste Symptom bei Morbus Conn ist ein stark erhöhter Blutdruck, der auf die üblichen Therapiemaßnahmen nicht anspricht. Dadurch können Folgeschäden wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Nierenerkrankungen entstehen, wenn die eigentliche Krankheitsursache unentdeckt und unbehandelt bleibt. Bei einem Teil der Betroffenen kommt es außerdem zu einem Kaliummangel, der dann seinerseits Beschwerden verursacht.

Liegt dem Morbus Conn ein Nebennieren-Adenom zugrunde, dann können Betroffene durch eine Operation oft geheilt werden. Gelingt das nicht oder ist die Hormonproduktion beidseitig lässt sich die Wirkung des überschüssigen Aldosterons auch medikamentös aufheben. Wichtig ist eine gute Einstellung des Blutdrucks, um mögliche Folgeerkrankungen des Bluthochdrucks zu verhindern. Da sowohl Bluthochdruck als auch Nebennieren-Adenome in der Bevölkerung sehr häufig sind, ist eine sorgfältige Abklärung durch Endokrinolog:innen für eine korrekte Diagnose notwendig.

Phäochromozytom

Ein Phäochromozytom ist ein meist gutartiger Tumor des Nebennierenmarks, der unkontrolliert die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin produziert. Diese Hormone werden normalerweise in Stresssituationen ausgeschüttet. Sie führen unter anderem dazu, dass der Blutdruck steigt und das Herz schneller schlägt. Wird der Körper dauerhaft mit Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin geflutet, dann kann eine ganze Reihe an Beschwerden entstehen. In der Regel leiden Betroffene unter Bluthochdruck, häufig auch unter Kopfschmerzen, Schweißausbrüchen und Herzrasen. Viele vertragen Wärme schlecht, neigen zu Blässe und Zittern oder nehmen ungewollt an Gewicht ab. Die Behandlung besteht in einer operativen Entfernung des Tumors.

Cushing-Syndrom

Wenn ein Adenom in der Nebennierenrinde unkontrolliert das Hormon Cortisol freisetzt, dann entsteht ein sogenanntes Cushing-Syndrom. Cortisol wird eigentlich gebraucht, damit der Körper auf Stresssituationen angemessen reagieren kann. Das Hormon wirkt unter anderem auf den Zuckerstoffwechsel ein und lässt den Blutdruck steigen. Bei einem lang andauernden Cortisol-Überschuss kommt es zu einer Reihe an Veränderungen, die auch äußerlich erkennbar sind: Betroffene lagern vor allem am Körperstamm vermehrt Fett ein und das Gesicht wird rund. Viele leiden unter Bluthochdruck und erhöhten Insulin-Werten, unter Umständen auch unter Diabetes mellitus. Andere Komplikationen sind ein deutlich erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf Erkrankungen und Blutgerinnsel (Thrombosen), aber auch Osteoporose und psychiatrische Erkrankungen.

Bei einem Cushing-Syndrom ist eine genaue Differentialdiagnostik wichtig. Die Erkrankung kann auch durch ein Adenom in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) entstehen, die mit ihren Hormonen die Tätigkeit der Nebennieren steuert. In seltenen Fällen können Tumoren in anderen Organen die Cortisol-Werte erhöhen und so zu einem ektopen Cushing-Syndrom führen.

Die Erkrankung lässt sich durch eine operative Entfernung des Adenoms in vielen Fällen heilen. Es kann aber einige Monate dauern, bis sich die Nebennieren vollständig erholen und ihre normale Funktion wieder aufnehmen. In dieser Zeit ist oft eine medikamentöse Behandlung mit Cortisol in Tablettenform notwendig, weil sich sonst ein Cortisol-Mangel einstellt.

Nebennieren-Insuffizienz

Unter einer Nebennieren-Insuffizienz versteht man eine Unterfunktion der Nebennieren, die einen Hormonmangel zur Folge hat. Je nachdem, welche Hormone betroffen sind, führt das zu unterschiedlichen Krankheitsbildern und Beschwerden. Es kann verschiedene Gründe geben, warum die Nebennieren ihre Arbeit einstellen. Am häufigsten geschieht dies nach einer längerfristigen regelmäßigen Einnahme von Medikamenten mit dem Wirkstoff Cortisol. In manchen Fällen sind gar nicht die Nebennieren selbst erkrankt, sondern es steckt eine andere Erkrankung oder äußere Ursache dahinter. Dabei kann es sich um eine Unterfunktion der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) handeln, die mit ihren Steuerhormonen die Nebennieren zur Hormonproduktion anregt. In diesem Fall spricht man von einer sekundären Nebennieren-Insuffizienz. Liegt tatsächlich eine Erkrankung der Nebennieren vor, dann handelt es sich um eine primäre Nebennieren-Insuffizienz, nach ihrem Entdecker auch Morbus Addison genannt.

Morbus Addison

Bei Morbus Addison handelt es sich um eine Insuffizienz (Schwäche) der Nebennierenrinde. Ursächlich steckt in den meisten Fällen eine Autoimmunerkrankung dahinter. Das heißt, das Immunsystem greift irrtümlich die Zellen in der Nebennierenrinde an und zerstört diese nach und nach. Dadurch stellt sich ein Mangel der in der Nebennierenrinde gebildeten Hormone Cortisol und Aldosteron ein.

Weil die Hormonstörung auch Auswirkungen auf die Bildung des Hautfarbstoffs Melatonin hat, wirken Betroffene oft braungebrannt und gesund. Doch der Schein trügt: Ein Mangel an Cortisol und Aldosteron hat gravierende gesundheitliche Auswirkungen. Betroffene leiden meist unter anhaltender Müdigkeit und Erschöpfungszuständen. Auch Symptome wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und ein erniedrigter Blutdruck treten häufig auf.

Oft stellen sich die Beschwerden schleichend ein, was die Erkrankung schwer zu erkennen macht. Der Mangel an Cortisol kann aber auch akut gefährlich werden. Denn der Körper braucht in Krisensituationen wie bei Infektionen, Erkrankungen, Operationen und Verletzungen eine erhöhte Menge an Cortisol, um den Kreislauf zu stabilisieren und eine mögliche Überreaktion des Immunsystems einzudämmen. Können die Nebennieren das benötigte Cortisol nicht zur Verfügung stellen, sind lebensgefährliche Schockzustände möglich.

Die Autoimmunerkrankung Morbus Addison ist zwar nicht heilbar, der Hormonmangel lässt sich aber durch eine medikamentöse Ersatztherapie ausgleichen. Dabei muss die Dosis der Medikamente exakt an die Bedürfnisse und die Lebenssituation der Patient:innen angepasst werden. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind bei einer Nebennieren-Insuffizienz sehr wichtig, damit der Hormonspiegel dauerhaft gut eingestellt ist. Weiters ist eine umfassende Schulung der Patient:innen zur eigenständigen Dosisanpassung der Cortisoltabletten in Sondersituation essenziell.

Adrenogenitales Syndrom

Adrenogenitales Syndrom ist ein Überbegriff für verschiedene erbliche Stoffwechsel-Erkrankungen. Sie alle haben gemeinsam, dass die Bildung der Hormone Cortisol und Aldosteron in der Nebennierenrinde gestört ist, weil ein dafür benötigtes Enzym nicht richtig funktioniert. Durch den Enzym-Defekt kann der Körper diese Hormone nur bis zu einer bestimmten Vorstufe herstellen. Die Hormon-Vorstufen sammeln sich an und gelangen zum Teil in einen anderen Stoffwechselweg, wo sie in männliche Sexualhormone (Androgene) umgewandelt werden. Dadurch entsteht ein Mangel an Cortisol und ein Überschuss an männlichen Sexualhormonen. Bei einigen Krankheitsformen stellt sich auch ein Mangel an Aldosteron ein.

Die Erkrankung kann bereits in den ersten Lebenstagen auffallen und wird dann im Rahmen des Neugeborenenscreenings festgestellt. Mädchen haben dann schon bei der Geburt vermännlichte äußere Geschlechtsorgane. Bei Jungen sind die äußeren Geschlechtsmerkmale zwar zunächst normal, unbehandelt kommt es aber zu einer vorzeitigen Geschlechtsentwicklung. Es gibt auch mildere Formen des adrenogenitalen Syndroms, die sich erst durch Entwicklungsstörungen in der Pubertät bemerkbar machen.

Der zugrunde liegende Enzym-Defekt lässt sich zwar nicht ursächlich beheben. Durch eine lebenslange Hormonersatztherapie kann die Erkrankung aber gut behandelt werden. Dann entwickeln sich betroffene Mädchen und Jungen ganz normal und können später auch Kinder bekommen oder zeugen. Wichtig ist, dass die Therapie durch Spezialist:innen überwacht wird, denn der Hormonbedarf kann je nach Lebenssituation schwanken.

FAQs

Die Nebennieren produzieren lebenswichtige Hormone wie Cortisol, Aldosteron, Adrenalin, Dopamin und die Vorstufen von Geschlechtshormonen. Aldosteron ist für das Gleichgewicht des Wasser- und Elektrolyt-Haushalts und die Regulation des Blutdrucks wichtig. Die Hormone Cortisol, Adrenalin und Dopamin sorgen dafür, dass der Körper adäquat auf Stresssituationen reagiert. Insgesamt wirken die Hormone der Nebennieren regulierend auf viele Stoffwechselvorgänge ein und beeinflussen auch die Geschlechtsentwicklung.
Wenn die Nebennieren in ihrer Funktion gestört sind, kann sich entweder ein Mangel oder ein Überschuss an Nebennieren-Hormonen einstellen. Beides hat gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit. Ein Übermaß an Nebennieren-Hormonen löst beispielsweise häufig starken Bluthochdruck aus. Fehlt es dem Körper an Nebennieren-Hormonen, können Erschöpfungszustände die Folge sein. Bei einem akuten Mangel des Nebennieren-Hormons Cortisol kann es sogar zu lebensbedrohlichen Krisen kommen. Bestimmte Störungen der Nebennieren-Funktion können sich auch auf die Geschlechtsentwicklung auswirken.
Um die Funktion der Nebennieren zu untersuchen, werden im ersten Schritt meist Laboruntersuchungen von Blut und / oder Harn gemacht. Viele Nebennieren-Hormone werden aber situationsbedingt stark schwankend ausgeschüttet, wodurch einzelne Messwerte nicht aussagekräftig genug sind. Deshalb braucht es meist zusätzliche endokrinologische Funktionstests, um Nebennieren-Erkrankungen auf die Spur zu kommen. Diese können wir in unserer Ordination durchführen. Bestätigt sich der Verdacht auf eine Fehlfunktion der Nebennieren, werden im nächsten Schritt bildgebende Untersuchungen veranlasst. Durch eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich Raumforderungen der Nebennieren sichtbar machen. Manchmal sind zusätzlich spezielle Untersuchungen erforderlich, um den Ursprungsort einer vermehrten Hormonproduktion genau zu lokalisieren.
Nebennieren-Raumforderungen sind zum überwiegenden Teil gutartig. Ist eine Raumforderung nach radiologischen Kriterien klar als Adenom zu definieren, bleibt diese lebenslang gutartig und muss meistens auch nicht mehr kontrolliert werden. Bösartige Tumoren (Karzinome) der Nebennieren, die Metastasen bilden, treten äußerst selten auf. Sie zeigen sich einerseits radiologisch und andererseits durch eine manchmal spezielle Art der Hormonsekretion.
Nebennieren-Adenome sollten dann operiert werden, wenn sie hormonaktiv sind – also unkontrolliert Hormone freisetzen – und dadurch Krankheitsbilder wie einen Morbus Conn oder ein Cushing-Syndrom auslösen. Bei suspekten oder bösartigen Tumoren der Nebennieren ist eine Operation erforderlich, diese sind jedoch äußerst selten.
Menschen mit Cortisol-Mangel leiden häufig unter anhaltender Müdigkeit und chronischen Erschöpfungszuständen. Auch Symptome wie ein erniedrigter Blutdruck, Magen-Darm-Beschwerden, Appetitlosigkeit oder Schmerzen in Muskeln, Knochen und Gelenken können auftreten. In bestimmten Belastungssituationen wie Erkrankungen oder Verletzungen kann es zu lebensbedrohlichen Krisen kommen, wenn dem Körper nicht genügend Cortisol zur Verfügung steht. Blutzucker und Blutdruck fallen dann stark ab, was einen Schockzustand mit Bewusstseinsverlust auslösen kann.